Freitag, 13. September 2013

Folge 2: Kühe auf den Gleisen



Folge 2: Kühe auf den Gleisen

Bevor Klaus tatsächlich selber Lokomotiven fahren durfte, musste er erst einige Wochen bei der Bahn noch einmal die Sachen wiederholen, die ihm sein Papa schon beigebracht hatte. Am Ende dann gab es eine schwere Prüfung, bei der er nicht nur eine Lokomotive fahren, sondern auch einen Test schreiben musste und von mehreren wichtigen Menschen von der Bahn befragt wurde.

Aber da Klaus alle Fragen richtig beantwortete und auch seine Probefahrt mit der Lokomotive fehlerfrei war durfte er schon in den nächsten Osterferien seinen eigenen Zug steuern. Sein Papa hatte ihm einen Lokführer-Anzug und eine Lokführer-Mütze geschenkt. So etwas tragen zwar Lokführer heute gar nicht mehr, aber das war Klaus egal. Er fand das schick und war ganz stolz, als er so am ersten Ferientag morgens zusammen mit seinem Papa die Wagons verließ, in denen sie wohnten, um zum Bahnhof zur Arbeit zu gehen. Da warteten wieder ganz viele Leute von der Presse und sogar zwar Teams vom Fernsehen auf ihn.


Seine Aufgabe für heute war es die Regionalbahn von Kiel nach Neumünster zu fahren. Das ist keine lange Strecke und deshalb ideal für den ersten Arbeitstag. Um 07:58 sollten sie starten. Klaus setzte sich in seine Lokomotive, die schon am Gleis im Kieler Hauptbahnhof auf ihn wartete. Er startete den Motor und sah dann raus auf das Gleis. Sein Papa winkte und er konnte erkennen, dass die Leute von den Zeitungen einstiegen. Nur die Fernsehteams blieben noch stehen und filmten in seine Richtung. Dabei war es schon 07:56 Uhr und Klaus wollte doch nicht an seinem ersten Arbeitstag schon mit Verspätung losfahren. Deshalb tutete er einmal laut mit der Lokomotive, so dass die Kamerateams erschrocken zusammenzuckten und dann eilig einstiegen.

Pünktlich um 07:58 Uhr sprang das Signal am Gleis auf grün und Klaus fuhr los. Es war ein schöner Frühlingstag. Die Sonne schien in seine Lokomotive und sie fuhren sanft mit vorschriftsmäßiger Geschwindigkeit in Richtung Neumünster.

Doch kurz hinter Bordesholm passierte es. Erst dachte Klaus, dass da vorne nur der Schatten der Bäume auf den Gleisen war. Doch plötzlich erkannte er, dass es Kühe waren, die gemütlich das Gras zwischen den Gleisen und neben einer Weiche aßen. Klaus betätigte augenblicklich die Bremse. Wer schon mal mit einem Zug gefahren ist, der weiß, dass so ein Zug lange braucht, bis er steht. Das liegt daran, dass ein Zug sehr schwer ist und er auch immer etwas auf den Schienen rutscht. Klaus sah, dass die Kühe immer näher kamen. Er konnte schon erkennen, dass sie schwarze und weiße Flecken hatten und dass sie beim Quietschen des Zugs nun verwundert zu ihm hochguckten. Dann endlich blieben sie stehen. Bis zu den Kühen waren es nur wenige Meter, doch nichts war zum Glück passiert. Die Kühe wendeten ihren Blick wieder weg von dem Zug, da dieser nicht mehr quietschte und aßen genüsslich weiter das Gras zwischen den Schienen.

"Was ist denn passiert?", fragte über das Funkgerät eine Mitarbeiterin, die gerade die Fahrkarten im Zug kontrolliert hatte.
"Vor uns stehen Kühe. Sag den Gästen, dass es gleich weiter geht", antwortete Klaus.
Dann rief Klaus bei der Zentrale der Bahn an und berichtete, dass sie angehalten hatten. Das musste die wissen, damit sie andere Züge hinter ihm anhalten konnten. Er wollte ja nicht, dass ihnen noch jemand drauf fuhr. Auch musste die Züge aus der Gegenrichtung gewarnt werden, dass hier Kühe rum laufen.

Dann stieg Klaus aus dem Zug aus und ging zu den Kühen hinüber. Die beachteten ihn jedoch gar nicht. Klaus versuchte sie durch wildes Herumfuchteln mit den Armen zum Weggehen zu bewegen. Doch nichts tat sich. Auch ein erneutes lautes Tuten mit der Lokomotive ließ die Kühe unbeeindruckt.

Klaus war verzweifelt. Er merkte, dass die Leute im Zug ihn beobachteten. Sie hatten schon zehn Minuten Verspätung und kein Zug konnte hier durch - ausgerechnet an seinem ersten Arbeitstag.

Doch da fiel ihm die Lösung ein.

Neben den Gleisen war ein Getreidefeld mit ganz viel Stroh. Er sammelte schnell so viel Stroh zusammen wie er tragen konnte. Den Strohhaufen band er dann vorne an seine Lock. Außerdem verteilte er etwas davon auf den Gleisen auf dem Weg bis zu den Kühen. Tatsächlich bemerkten die Kühe das Stroh und begannen es zu essen. Immer näher kamen sie der Lok. Klaus stieg schnell ein, telefonierte kurz mit den Kollegen im Stellwerk und fuhr ganz langsam rückwärts. Die Kühe waren wohl so hungrig auf das Stroh, dass sie ihm hinterher liefen. Dann bogen sie auf ein Nebengleis ein, das schon viele Jahre nicht mehr genutzt worden war, denn die Kollegen vom Stellwerk hatten die Weichen entsprechend gestellt. Dieses Gleis war weit weg von den normalen Schienen, wo die schnellen Züge fahren. Dort hielt Klaus an und band das Stroh los. Die Kühe blieben auch stehen und aßen gemächlich das Stroh weiter. Klaus fuhr den Zug noch ein paar hundert Meter weiter zurück, doch die Kühe blieben auf dem Nebengleis. Dann bogen sie zurück auf die normale Strecke, die nun völlig frei von Kühen war. Ohne weiter Probleme fuhren sie weiter bis Neumünster.

Leider hatten sie dort eine halbe Stunde Verspätung. Doch niemand aus dem Zug war deswegen böse. Alle hatte gesehen, wie geschickt Klaus das Problem mit den Kühen gelöst hatte. Einige applaudierten sogar. Und am Abend zeigte das Fernsehen einen kleinen Bericht darüber. Zusammen mit seinen Eltern sah Klaus sich selbst dabei zu, wie er das Stroh festband und wie die Kühe alle hintereinander seiner Lokomotive mit dem Stroh hinterherliefen. Das sah so witzig aus, dass Klaus und seine Eltern sich vor Lachen die Bäuche halten mussten. Aber Klaus hoffte dennoch, dass am nächsten Tag keine Kühe auf der Strecke sein würden.

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