Klaus der
Lokführer
Folge 1:
Wie Klaus Lokführer wurde
Klaus ist zehn Jahre alt und Lokführer bei der Bahn. Nun wundert
Ihr Euch sicherlich, wie es sein kann, dass ein Junge mit zehn Jahren schon Lokführer ist. Eigentlich fahren doch Erwachsene Eisenbahnen,
vor allem Erwachsene mit Bärten. Aber Klaus hat keinen
Bart. Klaus geht in die vierte Klasse einer Grundschule in Kiel. Aber Klaus ist
kein normaler Junge. Und das kam so.
Die
Eltern von Klaus arbeiten beide bei der Eisenbahn. Die Mama von Klaus arbeitet
in einem Stellwerk. Das bedeutet, dass sie dafür
sorgt, dass die Züge immer in die richtige
Richtung fahren. Sie stellt die Weichen, schaltet Signale auf Grün zum Losfahren und achtet darauf, dass keine Züge zusammenstoßen. Der Papa von Klaus ist
auch Lokführer. Er fährt sowohl Güterzüge als auch Schnellzüge wie den ICE.
Bei
solchen Eltern ist es nicht verwunderlich, dass auch Klaus Bahnfahren toll
findet. Die ganze Familie von Klaus wohnt auch nicht in einem normalen Haus. Sie
wohnen in einem alten Zug, der in Kiel in der Nähe
vom Wasser auf einem Abstellgleis steht, wo keine echten Züge mehr fahren dürfen. Das Kinderzimmer von
Klaus ist ein Schlafwagen, die Küche ist in einem Speisewagen
und das Wohnzimmer ist in einem Wagon mit ganz vielen Sitzen.
Das erste Wort, das Klaus sagen konnte, war "Eisenbahn" und sein
Spielzeug bestand vor allem aus Modelleisenbahnen.
Da die
Mama und der Papa von Klaus arbeiten mussten, hat der Papa ihn oft mit in seine
Lokomotive genommen. Da hat er ihm dann alles erklärt: Welche Signale draußen
an der Strecke zu beachten sind, welche Knöpfe man zum Fahren drücken muss und an welchen Hebeln man zum Anhalten ziehen
muss. Er lernte schnell, dass man in Bahnhöfen halten sollte und dass man
nur so schnell fahren darf, wie die Schilder an der Strecke anzeigen.
Ab und an
durfte Klaus auch mal selber fahren. Natürlich hat sein Papa immer
alles im Griff behalten und aufgepasst, dass kein Fehler passieren konnte. Für Klaus war das eine tolle Zeit und er kam in alle Städte, die es in Deutschland gibt.
Eines
Morgens jedoch ging es dem Papa von Klaus nicht gut. Er hatte wohl etwas
Schlechtes gegessen und hatte ganz schlimmen Durchfall. Die ganze Nacht schon
hatte er auf dem Klo gesessen und war dort sogar am frühen Morgen eingeschlafen. Klaus wusste, dass sein Papa
heute eine wichtige Bahnfahrt von Kiel nach Berlin hatte. Lebende Fische sollten
mit einem Güterzug transportiert werden.
Und wenn die zu spät in Berlin ankommen, dann könnte es sein, dass es den Fischen nicht mehr gut geht. Das
wollte Klaus nicht. Deshalb nahm er heimlich die Schlüssel für den Zug aus der Jacke von
seinem Papa und ging zum Bahnhof. Seiner Mama hatte er gesagt, dass er zu
Schule gehen würde. Aber anstatt in die
Schule zu gehen, stieg er in den Zug seines Papas ein und fuhr mit den ganzen
Fischen nach Berlin. Er wusste ja genau, wie das geht, weil ihm das sein Papa
beigebracht hatte. Es war eine tolle Fahrt ohne Probleme. Auch die Leute im
Stellwerk und in den Bahnhöfen merkten nicht, dass da ein zehnjähriger Junge den Zug fuhr. Zum
Glück war heute der freie Tag von
seiner Mutter. Sonst hätte sie vielleicht seine
Stimme über Funk erkannt.
Klaus
wusste nicht, dass diese Fahrt eine ganz besondere Fahrt war. Das war nämlich das hundertste Mal, dass die Fische nach Berlin
gefahren wurden. Deshalb hatte die Bahnfirma in Berlin eine große Feier organisiert und den Zug mit Klaus mit einem
Feuerwerk begrüßt. Klaus war sehr verwundert,
weshalb plötzlich so viele Menschen am
Bahnsteig standen. Da waren zum Beispiel der Oberbürgermeister von Berlin, ganz viele Minister und der
Bahnchef. Und die guckten auch ganz verwundert, als plötzlich am Bahnsteig ein zehnjähriger
Junge aus der Lokomotive ausstieg.
Zum Glück von Klaus waren auch ganz viele Menschen von der Presse
und vom Fernsehen da. Die schossen ständig Fotos und filmten wie
Klaus aus der Lokomotive ausstieg. Der Bahnchef stand auch da und sah Klaus
erst erschrocken an.
"Wer
bist Du denn?", flüsterte der Bahnchef Klaus ins
Ohr, während er in die Kameras lächelte.
"Ich
bin Klaus. Mein Papa ist krank und die armen Fische mussten doch nach Berlin.
Da bin ich gefahren. Mein Papa hat mir alles beigebracht. Sind sie jetzt böse auf mich?", flüsterte Klaus zurück.
Der
Bahnchef grinste immer noch in die Kameras und sagte ganz leise zu Klaus:
"Darüber reden wir später. Bitte sag davon nichts. Ich rede und Du nickst dazu.
Okay?"
Klaus
nickte.
Der
Bahnchef nahm sich ein Mikrofon und sagte laut zu den Leuten von den Zeitungen
und dem Fernsehen: "Das ist Klaus. Klaus ist unser jüngster Lokomotivführer. Sie sehen, dass man bei
der Bahn schon ganz früh arbeiten kann. Wir wollen
der Jugend eine Chance geben. Und Klaus hat das doch toll gemacht. Die Fische
sind auch bei der hundertsten Fahrt pünktlich angekommen. Einen
Applaus für Klaus!"
Und alle
um Klaus herum klatschten und Klaus nickte nur, wie der Bahnchef ihm gesagt
hatte. Der Bahnchef nahm Klaus sogar in den Arm und grinste noch etwas breiter
in die Kameras.
Natürlich haben die Eltern von Klaus abends ein bisschen mit
ihm geschimpft, weil er so einfach alleine mit dem Zug losgefahren war. Allerdings
waren sie auch stolz auf ihn, weil er die Fahrt alleine geschafft hat. Der Papa
von Klaus hatte auch ein bisschen Angst, dass man ihn nun bei der Bahn
entlassen würde, weil er auf dem Klo
eingeschlafen war und nicht verhindert hatte, dass Klaus den Zug nahm. Deshalb
konnte er die ganze Nacht nicht einschlafen.
Am nächsten Morgen klingelte ganz früh das Telefon. Der Papa von Klaus ging ran. Plötzlich wurde er ganz bleich im Gesicht.
"Hier
ist der Bahnchef", sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
"Sind Sie der Vater von Klaus? Wissen Sie eigentlich, was hier in der
Zentrale der Bahn seit gestern los ist?".
Der Papa
schluckte und murmelte dann ängstlich: "Nein...?"
"Das
habe ich mir gedacht", sagte der Bahnchef. "Hier ist die Hölle los. Ständig rufen die Leute von der
Presse an und Fernsehteams wollen Interviews. Ihr Sohn ist ein Star. Alle
finden ihn toll. Endlich berichten die Zeitungen nicht immer nur davon, dass Züge Verspätung haben oder es zu heiß oder zu kalt im Zug ist. Klaus macht die Bahn beliebt. Man
fragt sogar schon, wann er wieder fährt."
Der Papa
von Klaus sagte nichts und sah nur verwundert zu seiner Frau und Klaus hinüber, die wiederum ihn fragend ansahen.
Der
Bahnchef wartete auch keine Antwort ab und sprach gleich weiter: "Ich habe
gar kein Wahl, als Ihren Sohn als Lokführer einzustellen. Wann kann
er anfangen?"
Sie
unterhielten sich noch kurz, dann legte der Papa den Hörer auf.
"Was
hat er gesagt", bestürmten ihn seine Frau und
Klaus. Als er es ihnen erzählte mussten sich beide erst
einmal hinsetzen. Klaus lief eine kleine Träne
die Wange vor Freude herunter.
"Du
darfst aber nur eine Lokomotive fahren, wenn Du immer brav Deine Hausaufgaben
machst. Und dann auch nur am Wochenende und in den Ferien", sagte der Papa
von Klaus und wollte dabei sehr streng klingen. Das gelang ihm aber nicht und
er musste vor lauter Stolz laut loslachen. Klaus und seine Mutter lachten
sofort mit und so lachten sie noch, als Klaus das Haus verließ, um als frisch gebackener Lokführer zur Schule zu gehen.
Deshalb
ist Klaus mit zehn Jahren Lokführer geworden. Und was er
alles als Lokführer erlebt, das könnt Ihr hier in wenigen Tagen lesen.
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